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Las Vegas Boulevard, 2000
Las Vegas gilt als die größte und
glitzernste Amüsierstadt der Welt. Erfolgreich hat man es verstanden,den
einstigen anrüchigen Ruf als reine Spielerstadt zu verändern,
durch Themenhotels, Shows und Veranstaltungen für viele Bevölkerungsschichten
attraktiv zu werden, so daß es heute für viele US-Amerikaner
vollkommen normal ist, jedes Jahr für ein langes Wochenende nach
Las Vegas zu fliegen. Die meisten Einnahmen werden aber immer noch durch
das Glücksspiel erzielt. Erfolgreich konnte man der Konkurrenz
anderer Städte begegnen, in denen ebenfalls Casinos zugelassen
worden sind, so daß Las Vegas heute die am schnellsten wachsende
Stadt der USA ist.
Viele Einwanderer versuchen von diesem Wachstum
zu profitieren und Arbeit zu finden, was sich allerdings vor allem für
die schlecht oder gar nicht ausgebildeten Zuwanderer als schwierig erweist.
Inzwischen sind es ganze Stadtgebiete, die von verarmten Einwanderern,
Spielern, Sozialhilfeempfängern bewohnt werden. Die wohl-habenderen
Bewohner meiden diese Gegenden und siedeln sich in gepflegten Vororten
an.
Der Las Vegas Boulevard durchzieht die gesamte Stadt von Süden
nach Norden auf einer Länge von ca. 12 km. An seinem südlichen
Teil konzentrieren sich die großen neuen Casinos und fantastischen
Kunstwelten, deren Äußeres in der Dämmerung zu strahlendem
Leben erwacht, während im Inneren der Betrieb nie aufhört.
Weiter geht es Richtung Downtown. Dort liegen die älteren Casinos,
Hochzeits-kapellen, billige Motels und Pfandhäuser. Diese Gegend
hat viel von ihrem einstigen Glanz eingebüßt, der Amüsierbetrieb
konzentriert sich auf den Süden, nur wenige Touristen verirren
sich hier her. Noch weiter nach Norden schließen sich großflächige,
billige, herunter-gekommene Wohngebiete an. Die Szenerie wird beherrscht
von denjenigen, die vom Wohlstand und den Einnahmen der Stadt nicht
profitieren: Arme, Spielsüchtige, Alkohol- und Drogenkranke und
Obdachlose. Die Kriminalität ist hoch, die Atmosphäre deprimierend.
Die zweiteilige Arbeit Las Vegas Boulevard stellt diese beiden Welten
gegenüber. Die Faszination an der schillernden Inszenierung, der
Scheinwelt, die Aesthetik von Licht und intensiver Farbigkeit saugen
den Betrachter an, schreien sozusagen nach Aufmerksamkeit.
Die andere Welt reißt den Betrachter jäh aus seinem Rausch.
Dieser Teil der Arbeit versucht die Tristesse und Ödniss einer
Gegend zu vermitteln, die man nicht mit Las Vegas in Zusammenhang bringen
wird. Die Trostlosigkeit dieses Ortes wird von einer unbamherzigen Wüstensonne
bestrahlt, die wie Blei über der Atmosphäre von Zerfall und
Stillstand zu liegen scheint. Alles Lebende, Bunte scheint hier herausgedrängt.
Die Arbeit Las Vegas Boulevard führt diese extrem gegensätzlichen
Welten zusammen, ohne eine Auflösung zu bieten. Die widersprüchliche
Erfahrung ist jedoch nicht nur die subjektive Beschreibung einer Stadt,
sie ist ebenso die Beschreibung des urbanen Lebens in den USA, dessen
Extreme riesig weit auseinanderklaffen.
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